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Schamanismus
Schamanismus
Ich darf an dieser Stelle einen kurzen Überblick über den Begriff Schamanismus geben, so wie ich ihn verstehe. Warum ist dies wichtig? Der Schamanismus ist die Wurzel aller Medizinsysteme dieser Welt. Auf allen Kontinenten war zuerst der Schamanismus und mit den Kulturen hat sich dann die sogenannte Kulturmedizin, bzw. traditionelle Medizin entwickelt. Am bekanntesten und wahrscheinlich am weitesten entwickelt ist Ayurveda und die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin), aber auch die TPM (Traditionelle Persische Medizin – bekannt durch den berühmten Arzt und Hakim Avicenna) und die TEM (Traditionelle Europäische Medizin). An manchen Stellen dieser Welt aber hat sich der Schamanismus bis heute ohne Unterbrechung gehalten, wie in Südamerika, Nordamerika, der Mongolei und Afrika, um nur einige zu nennen.
Warum macht es Sinn, sich mit dem Schamanismus zu beschäftigen? Es gibt viele Gründe. Zuerst sei noch erwähnt, dass es die verschiedensten Ausprägungen gibt. Die Schamanen waren in den kleinen Gemeinden immer die Kundigen. Sie hatten das meiste Wissen über die Natur und die Menschenseele, wobei letztere auch als ein Teil der Natur gesehen wurde. Und sie hatten die Verantwortung über die Gesundheit der Gemeinschaft, in der sie lebten. Zwei Dinge hatten die meisten Schamanen, die ich treffen durfte, gemeinsam: ein großes Herz und Weisheit.
Ein Grund, um mehr über Schamanismus zu lernen, ist die Verbindung zur Natur. Die Schamanen versuchen in ihren Zeremonien und Ritualen immer die Verbindung des Menschen zur Mutter Erde (Patchamama) herzustellen. Diese Verbindung ist heute oft verloren gegangen. Sie ist aber wichtig, wenn wir Respekt für die Erde spüren, und damit verbunden die Notwendigkeit einer sauberen Erde in unser Denken und Handeln integrieren wollen. Es heißt im Schamanismus: Die Erde ist mein Körper. Gemeint ist, dass unsere Nahrung aus der Erde zu einem Teil unseres Körpers wird, etwas Fremdes wird zum Ich.
Viel Aufmerksamkeit wird im Schamanismus den Ritualen und Zeremonien gewidmet. Es ist dies ein Innehalten im schnellen und hektischen Alltag, in dem die Möglichkeit für ein „bei sich Sein“ besteht. Die Rituale folgen auch bestimmten, tausende Jahre alten Strukturen. Oft werden sie durch Räuchern begleitet, oder durch Singen, oft arbeiten sie mit Artefakten, wie Pfeifen, Muscheln, Stäben. Alles zusammen soll dazu beitragen, unsere Seele zuerst zu reinigen, um danach die Verbindung mit den Energien der Erde und des Universums spüren zu können.
Spiritualität
Im schamanischen Denken besteht unser Sein aus vier Anteilen, einem emotionalen, einem mentalen, einem körperlichen und einem spirituellen. War früher die körperlich spirituelle Achse stark betont, ist es heute besonders die mental emotionale. Wie sprechen heute von Kopflastigkeit und Depressionen. Rituale sind eine gute Möglichkeit, wieder mehr Spiritualität in unser Leben einzubauen, eine Spiritualität, die auch Freiraum für unsere individuelle Variante davon ermöglicht. In Ritualen und Trancen wird nie eine Richtung oder ein Dogma vorgegeben. Die Betonung dieses Teils unseres Seins könnte unser Leben wieder in bessere Balance bringen.
Eine weitere Stärke im Schamanismus war immer schon das Wissen über die Seele des Menschen und seinen natürlichen Lebensrhythmus. Nun sind wir beim berühmten Medizinrad, welches von einem Teil der Schamanen auf dieser Welt praktiziert wird. Es geht dabei um einen Lebenszyklus, der sich an die vorgegebenen Möglichkeiten und Angebote der Natur anlehnt. Je mehr wir die Natur kennen und in Verbindung mit ihr leben, desto klarer wird solch ein natürlicher Lebenszyklus. In der heutigen Zeit, in der wir fast völlig von den Wurzeln der Natur abgeschnitten leben, würde es uns gut tun, öfter den weisen Schamanen zu lauschen. Sie können uns einen an der Natur orientierten Lebenszyklus gut erklären und oft finden wir uns plötzlich wieder, wenn wir davor den Lebensfluss und unsere Lebensaufgabe verloren zu haben glaubten. Diese alte Weisheit des Medizinrades der Schamanen setzte sich oft in der Lehre des Lebenszyklus der traditionellen Medizinsysteme fort, wie wir es z.B. aus der TEM mit den fünf Elementen wissen.
Ein Aspekt des Schamanismus hat sich in vielen Teilen dieser Welt als das Wissen über die Heilkraft der Pflanzen erhalten. Hier können wir viel darüber lernen, wie wir uns selbst gesund erhalten, genauso wie wir viele Bereiche des Schamanismus selbst durchführen können, ohne fremde Hilfe zu benötigen. In der Philosophie der Schamanen ist die Welt wie ein Baum, der aus der Krone, dem Stamm und den Wurzeln besteht. Die offenkundige Welt, in der wir leben, entspricht dem Stamm. Daneben gibt es aber noch andere Welten und der Schamane ist der Vermittler und Wanderer zwischen diesen.
Wir finden auch einen anderen schönen Aspekt darin. Sehr ähnlich dem Buddhismus, der Biologie und der Psychoanalyse geht der Schamanismus nicht von einer echten Individualität aus. Es heißt, die ganze Information des Seins ist in mir, alles was ist, war und sein wird. So wird in den unterschiedlichen Philosophien die Verbundenheit von allem in einem konstanten Fluss des Lebens erklärt. Die Schamanen waren in den Gemeinschaften immer diejenigen mit der höchsten Sensitivität. Daraus schöpften sie die Möglichkeit, die Dinge in einer tieferen Bedeutung zu sehen als andere und ihnen dadurch zu helfen. Alles zusammen hat uns der Schamanismus auch heute viel zu sagen. Er bietet gute Möglichkeiten, unser Leben in Balance zu halten, uns mit der Natur zu verbinden, Sinn im Leben zu finden und gemeinsam mit guter Erdverbundenheit an einer lebenswerten und liebevollen Welt zu arbeiten.
Quelle: Dr. Gerhard Kögler, Wien, lifeagents.at
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